3.1.1 Wahl / Festlegung des Entwässerungsverfahrens
(1) Es wird zwischen
Trennsystem,
Mischsystem und
qualifizierten Systemen
unterschieden.
Trennsystem
(2) Im Trennsystem erfolgt eine getrennte Ableitung von Schmutz- und Regenwasser.
Einleitungen in Oberflächengewässer finden nur aus dem Regenwasserkanal statt. Eine
Regenwasserbehandlung kann im Einzelfall erforderlich sein. Wesentliche Einflussgrößen
dabei sind die Verschmutzung der Abflussflächen, der Einfluss von Fehlanschlüssen
sowie die Empfindlichkeit des Gewässers. Weitere Hinweise zur Regenwasserbehandlung
sind im Anh. A-5 zu finden.
Mischsystem
(3) Im Mischsystem vermischen sich die Regenabflüsse mit Schmutzwasser häuslicher
und ggf. auch industrieller/gewerblicher Herkunft. Aus wirtschaftlichen Erwägungen
werden Mischwasserkanäle nicht für die maximale Niederschlagsbelastung dimensioniert,
so dass i.d.R. 25% bis 75% des Jahresniederschlags als Mischwasser in Gewässer entlastet
werden. Hierbei ist neben hydraulischen Gesichtspunkten die stoffliche Beschaffenheit
des Mischwassers von besonderer Bedeutung. Als Speicher- und Entlastungsbauwerke werden
in Mischsystemen Regenüberläufe und Regenüberlaufbecken angeordnet, oder Kanäle als
Stauraum genutzt. Hinweise zur Bemessung und Gestaltung von Speicherbauwerken in Mischsystemen
sind in [ATV-A 128] enthalten.
Weitergehende Behandlungsmaßnahmen
(4) Darüber hinaus können in Misch- und Trennsystemen in Abhängigkeit der stofflichen
und hydraulischen Leistungsfähigkeit des als Vorflut genutzten Gewässers weitergehende
Behandlungsmaßnahmen erforderlich sein. Hinweise hierzu sind z.B. in [ATV-DVWK-M 177] und [Handbuch Wasser 4] zu finden.
Qualifizierte Systeme
(5) In qualifizierten Systemen wird der nicht behandlungsbedürftige Niederschlagsanteil
vom behandlungsbedürftigen Anteil getrennt und einer Versickerung, einer direkten
Ableitung in das als Vorflut genutzte Gewässer, einer Retention oder einer Nutzung
als Brauchwasser zugeführt. Mit der Trennung des Niederschlags in einen behandlungsbedürftigen
und einen nicht behandlungsbedürftigen Anteil erfolgt ein gezielter Umgang mit dem
Regenwasser. Damit wird die Niederschlagsentwässerung von einer reinen Entsorgungsaufgabe
zu einer Bewirtschaftungsaufgabe. Es wird daher der Begriff Regenwasserbewirtschaftung
verwendet. Als Komponenten der Regenwasserbewirtschaftung kommen folgende Maßnahmen
in Betracht:
Entsiegelung
Nutzung
Versickerung
Verzögerte Ableitung mit Retention
Behandlung
Detaillierte Ausführungen zur Regenwasserbewirtschaftung enthält der gleichnamige
Anh. A-5.
Bewertung
(6) „Konventionellen“ Misch- und Trennsystemen liegt das Prinzip der schnellen Ableitung
(„Entsorgung“) und ggf. einer zentralen Behandlung am Ende des Systems („end of pipe“)
zugrunde. Mit dem Ableitungsprinzip und einer zunehmenden Bodenversiegelung gehen
wasserwirtschaftliche Nachteile einher. Dazu gehört die Beeinträchtigung des Wasserkreislaufs
durch verminderte Grundwasserneubildung und verstärkten Abfluss. Dadurch werden Fließgewässer
sowohl im Jahresmittel als auch durch Extremereignisse hydraulisch stärker belastet
(z.B. Hochwasser). Gleiches gilt für die stoffliche Belastung.
In qualifizierten Abwassersystemen werden nach Möglichkeit dezentrale Bewirtschaftungsmaßnahmen
am Entstehungsort („begin of pipe“) ergriffen. Hierdurch wird der natürliche Wasserkreislauf
so weit wie möglich erhalten, Belastungen für die Fließgewässer werden vermieden bzw.
vermindert. Hinzu kommen Vorteile bei der hydraulischen Auslastung des Kanalnetzes,
bei der Beanspruchung der jeweiligen Behandlungsanlagen, bei den Abwassergebühren
sowie für die Grundwasserneubildung.
Eine wirtschaftliche Bewertung der Entwässerungsverfahren kann nicht pauschal erfolgen.
Die Wirtschaftlichkeit der Umstellung des Entwässerungsverfahrens ist im Einzelfall
nachzuweisen.